News

KI in der Lehrpraxis – Zwischen Irritation & Implementierung

DiVe – Didaktik und Virtualität erfahren | 02/2025

Raphaela Gilles

18. Februar 2025

Nein, der Titel dieses Blogbeitrags war kein Ergebnis eines ChatGPT-Prompts – auch wenn sich das Tool gut dazu eignet, catchy Titel zu generieren. Welche Möglichkeiten sich jedoch mit KI ergeben und wie KI in Forschung und Lehre genutzt werden kann, das war das Thema der Veranstaltung »Tag der Forschung« des Instituts für Erziehungswissenschaft an der RUB. Neben Einblicken in die Rolle von KI im erziehungswissenschaftlichen Diskurs wurden ausgewählte Projekte zu KI im Rahmen von Kurzvorträgen oder Posterpräsentationen vorgestellt. Als für das Didaktikstudio relevant zeigte sich vor allem die Podiumsdiskussion am Nachmittag. Zentrale Diskussionspunkte und Erkenntnisse zum Einsatz von KI in der Lehre sowie damit verbundene Implikationen werden im folgenden Beitrag adressiert.

An der Podiumsdiskussion nahmen als Gäste Dr. Peter Salden, Leiter des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik, sowie Dr. Stephanie Heimgartner, zuständig für das Feld »Praxis und Transfer« der Fakultät für Philologie, teil. Aus dem Institut waren dabei: Dr. Sebastian Strauß, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Arbeitsbereiches »Pädagogische Psychologie und Bildungstechnologie« (Prof. Dr. Nikol Rummel) sowie Ariyan Arslan und Laura Mazzoli als Masterstudierende der Erziehungswissenschaft. Die Moderation wurde von Prof. Dr. Sandra Aßmann übernommen. Das Publikum wurde aktiv während der Diskussion mit einbezogen und während der Vorträge dazu aufgerufen, Fragen in einem Pad zu sammeln.

Schon zu Beginn der Podiumsdiskussion wurden Herausforderungen bei der Nutzung von ChatGPT skizziert – so führte der Prompt »Erstelle bitte ein Einstiegsstatement für eine Podiumsdiskussion zu KI in der Lehre« zu einem wenig hilfreichen Ergebnis. Dieser Befund wurde jedoch genutzt, um darüber ins Gespräch zukommen, wie Studierende und Wissenschaftler*innen aus Grenzen und Fehlern von KI lernen und kritisches Denken schulen könnten. Im Laufe der Diskussion kristallisierten sich folgende Themenkomplexe heraus:

  1. Fehlende Untersuchungen zur KI-Nutzung von Studierenden
    Durch die Veröffentlichung von ChatGPT durch Open AI im November 2022 kam eine generative KI auf den Markt, für die es zunächst kaum Anwendungsszenarien oder rechtliche Bestimmungen gab. Die Hochschulen sahen sich mit einem ›Ermöglichungssystem‹ konfrontiert, das zu dem Zeitpunkt kaum erforscht war. Die Intransparenz bzw. Leerstelle bzgl. universitärer und curricularer Rahmenbedingungen für die KI-Nutzung wird deutlich, wenn die vielfältigen Nutzungspraktiken von Studierenden in den Blick geraten. Diese müssen jedoch erst einmal abgefragt und analysiert werden. Im vergangenen Jahr erschien daher die Panelstudie »KI im Studium aus Studierendensicht: Nutzung, Fähigkeiten und Einstellungen Studierender zu KI« (Ehlers/Rauch 2024). Anhand eines KI-Aktivitätsindex lassen sich sowohl geschlechtsspezifische Nutzungsmuster sowie verschiedene Nutzungskontexte ablesen. Dabei stehen vor allem Rechercheaktivitäten und Textgenerierung im Vordergrund. In der Diskussion wurde der Bedarf artikuliert, Lehr-/Lerntechnologien im Rahmen partizipativer Forschung zu entwickeln, zu erproben sowie die Nutzung dieser forschend zu erheben und zu begleiten.
  2. Heterogene Haltungen von Dozierenden bzgl. KI & Ausbildung einer Lehrhaltung
    KI-Tools werden in Lehrzusammenhängen sehr unterschiedlich genutzt. Die Diskussion mit dem Publikum unterstrich die Vielfalt an Haltungen. Einer der Teilnehmenden berichtete bspw., KI im Seminar zu nutzen und offen darüber zu sprechen. Dabei wurden vereinzelt Unsicherheiten offenbart, die sich darin zeigten, inwiefern Studierende wissenschaftliches Arbeiten ohne KI noch können oder können sollten. In diesem Kontext wurden Vertrauen, Verantwortung oder ein offener Diskurs als Wünsche artikuliert, die ein beidseitiges Handeln von Studierenden und Lehrenden erfordere. Damit einher gingen Überlegungen dazu, welches Bild von Studierenden kreiert wird, wie dieses Bild das eigene Handeln prägt und welche übergreifenden Ziele die wissenschaftliche Ausbildung eigentlich verfolgt. Dabei solle ein Commitment zwischen Studierenden und Lehrenden hergestellt werden, das gemeinsame Lernziele beinhalte. So könne verdeutlicht werden, wie KI sinnvoll in den Lernprozess integriert werden kann.
  3. KI alsBrennglas für bestehende Probleme
    Gerade mit Blick auf die Reflexion von Einstellungen und Werten hinsichtlich der Lehre zeige sich, dass KI ein Brennglas für Probleme darstelle, die bereits existieren. Dieser Umstand rufe dazu auf, klassische Lernziele auf ihre Nützlichkeit im KI-Kontext zu befragen, den Erwerb kritischen Denkens oder einer Methodenkompetenz zu reflektieren und ggf. auch die bisherige Konzeption und Durchführung von Prüfungen neu zu denken.

Wie verbleibt man nun?

Bzgl. der Meinungen zu KI lässt sich eine Divergenz konstatieren, die sich – so eine These – nicht gänzlich auflösen lässt. Es wurden bereits Regelungen und Hinweise zum Umgang mit KI auf Fakultäts- oder universitärer Ebene veröffentlicht (s. z.B. Leschke/Salden2023). Forschung zu KI boomt – und dennoch bedarf es weiterer engagierter Wissenschaftler*innen, die sich im Kontext der (akademischen) Lehre Fragen nach Auswirkungen von KI auf Wissen(sgenerierung), Lernziele oder den Erwerb spezifischer Kompetenzen widmen. Prof. Dr. Bardo Herzig (Universität Paderborn) verwies im Ausblick seines Einführungsvortrages darauf, dass KI vielfältige Forschungsanlässe bieten könne. Der SFB engagiert sich hier bereits, wie die Arbeiten von Meyer (2023) oder Tuschling et al. (2023) exemplarisch zeigen.

 

Literatur

Ehlers, Ulf-Daniel/Rauch, Emily (2024): KI im Studium aus Studierendensicht: Nutzung,Fähigkeiten und Einstellungen Studierender zu KI. Panelstudie, Karlsruhe.

Leschke, Jonas/Salden, Peter (2023): »Didaktische und rechtliche Perspektiven auf KI-gestütztes Schreiben in der Hochschulbildung, in: hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de (07.03.2023). Online unter: https://hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/9734 (letzter Zugriff: 17.02.2025).

Meyer, Roland (2023): »Es schimmert, es glüht, es funkelt – Zur Ästhetik der KI-Bilder«, in: Blog 54books (20.3.2023). Online unter: https://www.54books.de/es-schimmert-es-glueht-es-funkelt-zur-aesthetik-der-ki-bilder/( letzter Zugriff: 18.12.2024).

Tuschling, Anna/Sudmann, Andreas/Dotzler, Bernhard (Hg.) (2023): ChatGPT und andere »Quatschmaschinen«. Gespräche mit Künstlicher Intelligenz, Bielefeld: transcript.